Das digitale Massaker

Das digitale Massaker
530 Wörter, 3-Minuten Lesezeit

Es muss unseren Ur-Großvätern ähnlich gegangen sein. Die Industrielle-Revolution veränderte ihr Leben, ihr Denken, ihr Wesen. Das gewohnte Dasein wurde durch Maschinen, Lärm und Hektik bevölkert. Damals wie heute ist der Mensch sich vor und während der Umgestaltung nicht klar, dass er an einem Umbruch teil hat. Ähnlich muss es schon zu Zeiten der Glaubenskriege und anderer Reformationen gewesen sein.

Ich befürchte, die digitale Revolution ist längst abgeschlossen und wir beschäftigen uns mit den Nachwehen. So unglaublich viele Fragen sind noch gar nicht gestellt und werden schon beantwortet. Und das ist für mich der Unterschied zu vorangegangen gesellschaftlichen Umgestaltungen. Die Geschwindigkeit mit der Änderungen in der Gesellschaft eingeführt werden ist enorm. Man mag sich ja sogar manchmal fragen: "Wie konnte ich nur bisher ohne?".

Und da ist er... Der Moment, den ich für später erwartet habe... Wozu das alles? Ich versuche mir krampfhaft vorzustellen, wie mein Großvater damit umgegangen wäre, wenn er noch leben würde. Mein Großvater war ein alter SPDler, Atheist aus Überzeugung und fest im Geiste. Er ging keinem Streit aus dem Weg und setzte sich zeit seines Lebens durch. Wie hätte er die digitale Revolution empfunden? Wohl auch mit dem zur nicht digitalen Zeit oft vernommenen Spruch: "Früher war alles besser!"... Digital bedeutet mehr als 1ne Information nahezu gleichzeitig betrachten und darauf reagieren zu können. Mehr Informationen in weniger Zeit bearbeiten. Wir können das aber nicht. Den Geräten verabreichen wir einfach neue Informationsverarbeitunseinheiten, die parallel Daten prozessieren und in eine Warteschlange schieben können. Mal davon abgesehen, das wir keine Bauteile anfügen können fehlt uns eine Warteschlange. Ich bekomme den Ball ins Gesicht und es tut weh, danach kommt nichts, egal was vorher war...

Das Massaker hat begonnen. Digitale Schlachten um die tiefsten psychologischen Pfeiler der Menschheit sind im Gange. Wir sind Spielsteine eines gnadenlosen Spiels, mit dem Ziel die Menschheit in eine neue Epoche zu führen. In meinen Augen kann das nur ein Resultat haben. BÄNG! uns platzt allen der Kopf. Und dann? Ja dann ist es zu spät. Zu spät zum Entschleunigen, zu spät zum Verschlichtern. Wir sind gefangen in einem Netz, gewebt um uns herum. Wir können uns nicht befreien, weil wir selbst Teil dieses Netzes sind. Wir befinden uns in einer Transformation zu einem andere gesellschaftlichen Zustand.

Bestimmt von Nullen und Einsen treibt uns die digitale Spinne in die Enge und spinnt um uns einen Kokon, der nur dazu dient uns aus zu lutschen. Denn eines ist sicher, wir alle können uns zwar im Netz winden, aber entkommen werden wir ihm nicht. Es mag immer Freigeister geben, aber auch diese werden vergehen. Ich für meinen Teil bin zerrissen. Zerrissen von der Schönheit, von der Anmut des digitalen Massakers. Zerrissen vom Anblick der Opfer. Opfer die jeder bringen muss, ob er nun auf dem Rücken der Spinne sitzt oder in ihren Fängen auf die Fangzähne wartet, bis sie ihn aus lutschen.